Internationale Werkstatt für Regie und Dramaturgie Sammelpunkt / FOCAL POINT / TOCHKA SBORKI
Das Projekt erforscht kreativ mithilfe von Dramaturgie und Theater die Auswirkungen zeitgenössischer europäischer Ereignisse auf das Leben und Bewusstsein der Menschen.
Zur Teilnahme an der Werkstatt werden Dramatiker:innen, Regisseur:innen, Schauspieler:innen und Bühnenbildner:innen aus Deutschland und osteuropäischen Ländern (Belarus, Lettland, Litauen, Polen, Russland, der Ukraine und Estland) eingeladen.
{ Ablauf und Inhalt }
FOCAL POINT
точка збiрки
Im Rahmen der internationalen Werkstatt werden sieben Inszenierungsentwürfe durch Theaterschaffende aus Deutschland und osteuropäischen Ländern erarbeitet. Diese englisch- oder deutschsprachigen Inszenierungsentwürfe werden am 22. und 23. Februar 2025 im Theater Strahl der Öffentlichkeit vorgestellt.
Sie können sowohl Tickets für einen der beiden Tage (Tagesticket) als auch für beide Tage (Zweitagesticket) erwerben.
Der Dramaturgiewettbewerb der Werkstatt ist zu Ende gegangen. Insgesamt wurden 159 Theaterstücke von 135 Autor:innen aus Belarus, Deutschland, Estland, Griechenland, Israel, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Spanien, der Ukraine, den USA usw. eingereicht.
*PS. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass das Auswahlkomitee seine Entscheidung nicht begründet.
20.10.2024 — Bekanntgabe der Ergebnisse
Aufgrund der hohen Qualität der eingegangenen Dramentexte war die Auswahl der angekündigten 7 Theaterstücke für die Shortlist für das Auswahlkomitee und die Jury eine große Herausforderung. So sind insgesamt 10 Theaterstücke in die Shortlist eingegangen. Diese ausgewählten Stücke werden für den Regiewettbewerb vom 1. November bis 10. Dezember 2024 zur Verfügung gestellt.
Die sieben Dramen, die für die Inszenierung bei der Werkstatt im Februar 2025 ausgewählt werden, werden gemeinsam mit den Namen der Regisseur:innen am 20. Dezember 2024 bekannt gegeben.
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REGIEWETTBEWERB
Bekanntgabe der Ergebnisse
23.12.2024
Offener Regiewettbewerb
01.11.2024 — 10.12.2024
Die Ergebnisse des Regiewettbewerbs: Aus den 83 eingereichten Regiekonzepten wurden die folgenden 7 Regisseur:innen und Stücke für die Produktion im Rahmen der Werkstatt im Februar 2025 ausgewählt:
Nikolai Berman (Russland/Deutschland) — "Say Hi to ABDO" von Mikita Ilyinchyk (Belarus/Poland)
Sava Cebotari (Moldavien/Großbritannien) — "Weder — Noch" von Vyacheslav Volkonsky (Ukraine)
Marfa Gorvitz (Russland/Israel) — "Dogs and People" von Vyacheslav Volkonsky (Ukraine)
Anton Kiseljus (Estland) — "Business as Usual" von Mehis Pihla (Estland)
Stephanie LeBolt (USA/Deutschland) — "Tote Herzen" von Zukhra Yanikova (Russland/Montenegro)
Bis zum 10. Dezember 2024 können Regisseur:innen ihre Bewerbungen einreichen. Wir freuen uns auf Bewerbungen von Regisseur:innen jeden Alters aus aller Welt. Bitte schicken Sie Ihre Unterlagen an die E-Mail-Adresse: project@urban-theater.com
Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb:
• Persönliche Anwesenheit bei der Werkstatt in Berlin vom 16. bis 23. Februar 2025 • Beherrschung der englischen oder deutschen Sprache • Regieausbildung • Berufliche Erfahrung
Einzureichende Unterlagen: • Regiekonzept für die Inszenierung von einem bis zu drei Theaterstücken • ausgefülltes Teilnahmeformular (Fragebogen für Regisseur: innen) • Lebenslauf
THEATERSTÜCKE
Klicken Sie auf den Stücknamen, um mehr zu erfahren
Wir können sowohl die Reisekosten der Regisseur:innen erstatten als auch eine Unterkunft für die Dauer der Werkstatt in Berlin anbieten.
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SCHAUSPIEL-CASTING
Bitte geben Sie an, welche Sprache (Englisch oder Deutsch) für Sie vorzuziehen ist.
NB!
Musikalische Fähigkeiten wie das Spielen eines Instruments und/oder Gesang können von Vorteil sein. Falls Sie solche Talente mitbringen, ergänzen Sie Ihre Bewerbung bitte um ein separates Video mit einer Darbietung eines Musikstücks Ihrer Wahl.
Bis zum 3. Januar 2025 können Schauspieler:innen ihre Bewerbungen einreichen. Wir freuen uns über Bewerbungen von Schauspieler:innen jeden Alters aus aller Welt.
Teilnahmebedingungen: • Persönliche Anwesenheit bei der Werkstatt in Berlin vom 16. bis 23. Februar 2025 • Beherrschung der englischen oder deutschen Sprache • Professionelle Schauspielausbildung • Berufliche Erfahrung
Einzureichende Unterlagen: • Lebenslauf • ausgefülltes Teilnahmeformular (Fragebogen für Schauspieler: innen) • Video-Visitenkarte in deutscher und/oder englischer Sprache, • zwei Fotos (Porträt und Ganzkörper), • zusätzliche Unterlagen Ihrer Wahl, die Ihre schauspielerische Individualität hervorheben (z. B. Ausschnitte aus Aufführungen, Filmen, Studienarbeiten, Showreels etc.).
Das Stück Say Hi to ABDO spielt in einem futuristischen Europa und erzählt die Geschichte eines brutalen Grenzvorfalls, der stattfand, als Hunderte von Geflüchteten aus dem Nahen Osten versuchten, über den Fluss Narva nach Estland zu gelangen. Die Handlung verwebt persönliche Geschichten mit weitreichenden sozialpolitischen Themen und bietet dem Publikum ein komplexes und zum Nachdenken anregendes Erlebnis.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen die inneren Kämpfe der Charaktere, die sowohl die Held:innen des Stücks als auch europäische Bewohner:innen und Migrant:innen sind. Durch bewegende Dialoge und eindringliche Monologe werden ihre Ängste, Hoffnungen und die erschütternde Realität der Migration sichtbar.
Insgesamt ist Say Hi to ABDO eine fesselnde Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten von Menschen im Kontext der Migration. Das Stück fördert ein tieferes Verständnis dafür, wie Identität und Zugehörigkeit entstehen und zeigt die unauslöschlichen Folgen der Gewalt, die viele Menschen erleiden müssen.
Originale Version (Russisch)
Übersetze Version (Englisch)
Allex. Fassberg "History Drought"
Das Stück History Drought basiert auf einer Reihe symbolischer Szenen, in denen Wasser – das zentrale Element – sowohl Zerstörung als auch Erneuerung verkörpert. Es überflutet Städte, wischt Erinnerungen fort und steht gleichzeitig für Genesung und Wiedergeburt. Die Charaktere sind mit Naturkatastrophen, persönlichen Verlusten und gesellschaftlichen Versagen konfrontiert, wobei auch die verzweifelten Versuche syrischer Flüchtlinge, das Meer auf ihrer Flucht nach Europa zu überqueren, thematisiert werden.
Das Werk gliedert sich in abwechselnde Szenen mit den Titeln „Oder“ und „Und“. Es ist ein vielschichtiges Drama, das poetische Metaphern, historische Anspielungen und Bezüge zu Malerei und Skulptur geschickt miteinander verwebt.
Originale Version (Deutsch)
Nana Grinstein, Nadiia Humeniuk, Friederike Meltendorf, Natalia Reznichenko, Henrike Schmidt, Julia Solovieva, Julia Zeichenkind "Forbidden Feelings… During the War"
Das mehrsprachige Stück Forbidden Feelings… During the War / Verbotene Gefühle… in Zeiten des Krieges / Забороненi почуття… пiд час вiйни / Запретные чувства… во время войны ist ein dokumentarisches Drama, das sich aus den Monologen und Dialogen von Menschen zusammensetzt, die mit den verheerenden Folgen des Krieges kämpfen und gezwungen sind, ihre Situation in einer veränderten Realität zu reflektieren. Im Mittelpunkt der Erzählung stehen die persönlichen Geschichten von Menschen aus der Ukraine, Russland und anderen Ländern, die ihre Erfahrungen und inneren Konflikte im Zusammenhang mit Krieg, Emigration und dem Verlust ihrer früheren Lebensweise schildern.
Die Charaktere gewähren Einblick in ihre Verluste, Ängste, Hoffnungen und die komplexen moralischen Dilemmata, die sie in Kriegszeiten bewältigen müssen. Der Stil des Stücks verbindet dokumentarischen Realismus mit poetischen Elementen, wodurch die Stimmen der Charaktere ein vielschichtiges Bild kollektiver Erinnerung und des erlittenen Schmerzes zeichnen.
Originale Version (mehrsprachiges Stück)
Mehis Pihla "Business as usual"
Das Stück Business as Usual erzählt die fesselnde Geschichte zweier junger Männer, die in ärmlichen Verhältnissen in Tartu aufgewachsen sind und von Reichtum träumen. Durch einen glücklichen Zufall erhält Artur eine Stelle in der internationalen Abteilung einer Bank in Tallinn, die sich überwiegend mit russischen Kunden – Oligarchen – beschäftigt und in Geldwäsche verwickelt ist. Bald passt sich Arturs Lebensstil den Anforderungen seines neuen Jobs an. Doch der drängende Arbeitsrhythmus lässt ihm keinen Raum mehr für seine Familie, seine Ausbildung oder andere wichtige Aspekte seines Lebens. Mit steigendem Risiko wandelt sich die Bank von der Geldwäsche für Oligarchen hin zur Verwaltung von Mitteln staatlicher russischer Stellen nach der Krise. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wird die Bank geschlossen, während die großen europäischen Akteure im System unbestraft bleiben.
Einerseits beleuchtet das Stück die Prozesse innerhalb der europäischen Eliten, die über viele Jahre hinweg Putins Russland dabei unterstützt haben, sein aggressives Potenzial auszubauen. Andererseits untersucht es das komplexe Verhältnis zwischen Mensch und Geld aus psychologischen und sozialen Perspektiven.
Originale Version (Englisch)
Marta Sokołowska “Please, Let There Be Peace"
Das Stück Please, Let There Be Peace (Polnisch: Proszę, niech zapanuje pokój; Deutsch: Bitte, möge Frieden herrschen) erzählt die Geschichte eines polnischen Physikers jüdischer Abstammung, der das Manhattan-Projekt, seine jüdische Familie in Polen und den Krieg hinter sich gelassen hat. Der fragmentierte, collageartige Text verbindet Poesie und Humor auf meisterhafte Weise. Eine leicht exzentrische jüdische Familie bringt einen komödiantischen Touch in die spannungsgeladene, fast detektivartige Handlung, die das Geheimnis des Protagonisten umgibt.
Darüber hinaus thematisiert das Stück bedeutende Fragen wie Xenophobie, die menschliche Verantwortung für Frieden und Krieg sowie die Herausforderungen, familiäre Wurzeln und Traditionen zu bewältigen. Es beleuchtet den inneren Kampf, diesen Überlegungen zu begegnen. Insgesamt stellt dieser Text ein einzigartiges Beispiel für eine existenzielle Tragikomödie dar.
Originale Version (polnisch)
Übersetze Version (Englisch)
Renata Talan “Limbo“
Das Stück Limbo (Russisch: Лимб) erzählt die Geschichte einer Frau in Belarus, die nach der politischen Entlassung aus ihrem Job – Folge ihrer Teilnahme an der Weiß-Roten Revolution – beginnt, auf Wunsch von Freunden, die das Land verlassen haben, an den Beerdigungen von Fremden teilzunehmen. Diese ungewöhnliche Tätigkeit entwickelt sich zu einer Art Beruf, in dem Menschen ihr Anfragen senden, um im Namen der Verstorbenen Abschied zu nehmen. Allein mit ihrer Katze als Begleiterin lebt sie in einer Welt der Einsamkeit. Am Ende sieht sie sich selbst in einem Sarg liegen.
Die Sprache des Stücks ist poetisch und einfach, wodurch die emotionalen Strukturen besonders intensiv hervortreten. Gleichzeitig bietet das Stück einen tiefen Einblick in das Leben eines Individuums in einer totalitären Gesellschaft. Es thematisiert das Gefühl der Entfremdung und zeigt, was es bedeutet, menschlich zu sein, wenn man sich im eigenen Land wie ein Fremder fühlt.
Originale Version (Russisch)
Übersetze Version (Englisch)
Vyacheslav Volkonsky "Dogs and People"
Das Stück Dogs and People ((Russisch: Собаки и люди; Deutsch: Hunde und Menschen) enthüllt das wahre, kannibalistische Gesicht des Krieges. Die Handlung spielt in einem Tierheim, in dem die Bewohner:innen unterschiedliche Hintergründe und Persönlichkeiten haben, aber dasselbe düstere Schicksal teilen.
Das Stück ist reich an Charakteren und verdeutlicht in seiner Verbalität die statische Existenz, der diese Charaktere ausgeliefert sind. Es erzeugt ein tiefes und furchterregendes Bild der inneren Hoffnungslosigkeit. Die Dialoge zwischen den Hunden und den Menschen sowie ihre Monologe bilden ein facettenreiches Mosaik individueller Geschichten, die allmählich zu einem größeren Bild des Krieges zusammenfinden.
Gegen Ende vereint sich die Handlung: Die Besitzerin des Tierheims erhält ein verlockendes Angebot, die Hunde für seltene Gerichte in einem Restaurant zu verkaufen – ein Angebot, das besonders verführerisch ist, da sie das Geld den ukrainischen Streitkräften spenden könnte. Der Autor steigert die Spannung und führt dieses düstere Szenario zu einem symphonischen Finale.
Originale Version (Russisch)
Übersetze Version (Englisch)
Vyacheslav Volkonsky "Neither Fish nor Fowl"
Das Drama Neither Fish nor Fowl (Russisch: Ни два, ни полтора; Deutsch: Weder - Noch) ist eine groteske Tragödie, dicht und gnadenlos, die die Katastrophe im Theater von Mariupol und den gesamten Krieg in der Ukraine thematisiert. Es entfaltet ein choralartiges Geflecht aus dokumentarischen und brutal realistischen Stimmen, das ein eindringliches Porträt der Hölle zeichnet. Die Charaktere, die zufällig im Theater versammelt sind, offenbaren ihre tiefsten Gedanken durch eindrucksvolle Monologe und Dialoge. Das Theater selbst wird zur lebendigen Kulisse und setzt gelegentlich Requisiten ein, die zum Einsatz kommen. Dabei verschwimmt manchmal erschreckend die Grenze zwischen Realität und Inszenierung: Die Menschen stehen sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen dem Tod gegenüber.
Dieses gleichzeitig komponierte und dokumentarische Stück kann als dokumentarische Metaphysik bezeichnet werden, in dem sich reale Geschichten vereinen und eine großangelegte Erzählung des Leidens nach dem Prinzip einer Ikonostase entfalten.
Originale Version (Russisch)
Übersetze Version (Deutsch)
Yanis Yoki “Adventure of a Lost Soldier"
Das hoffnungslose Stück Adventure of a Lost Soldier entfaltet sich vor dem Hintergrund des Weltuntergangs und thematisiert die Vernichtung Gottes, nukleares Erpressen sowie vertraute Realitäten, alles eingebettet in eine märchenhafte Kulisse. Einer der Soldaten begibt sich auf eine vagere Mission, während derer er auf eindringliche Figuren trifft, wie das Vaterland, den Hasen, eine Lebkuchenfamilie und sogar Gott selbst.
Dieses Werk gleicht einem Roadmovie, in dem die Atmosphäre, die Sprache, die Intonation und das gesamte apokalyptische Gefühl auf außergewöhnliche Weise miteinander verwoben sind. Das Stück präsentiert sich als eine Komödie der Absurdität, gespickt mit amüsanten und fantastischen Episoden, die auf die beängstigende Realität unserer heutigen Welt anspielen.
Originale Version (Englisch)
Zukhra Yanikova "Tote Herzen"
Das Stück Tote Herzen (Russ.: Нежить (всегда читать как оглаголенную нежность)) ist ein metaphorisches Drama, das die erschreckenden Aspekte des Krieges und die Folgen der Zerstörung zum Ausdruck bringt. Die Handlung spielt in einer Welt, in der lebende Wesen zu einem Zustand des Verfalls und der ewigen Stagnation verurteilt sind. Im Mittelpunkt der Handlung steht eine tote Mutter, die sich darauf vorbereitet, eine lebende Tochter in einer Stadt der Toten zur Welt zu bringen.
Diese Welt ähnelt einem stagnierenden Raum, in dem die zwischen Realität und Nichtexistenz gefangenen Charaktere einen Prozess der Entmenschlichung erleben. Der Monolog der Tochter aus dem Mutterleib, der Monolog der auf ihr Baby wartenden Mutter und der Monolog des Erzählers sind als Interaktionen in die Handlung des Stücks integriert. Das Thema der Friedenspropagierung wird im Stück durch Allegorien solcher Phänomene wie Zerstörung und Tod vermittelt, die die alltägliche Realität der Charaktere darstellen.
Originale Version (Russisch)
Übersetze Version (Deutsch)
Mikita Ilyinchyk„Say Hi to ABDO“
Das Stück Say Hi to ABDO spielt in einem futuristischen Europa und erzählt die Geschichte eines brutalen Grenzvorfalls, der stattfand, als Hunderte von Geflüchteten aus dem Nahen Osten versuchten, über den Fluss Narva nach Estland zu gelangen. Die Handlung verwebt persönliche Geschichten mit weitreichenden sozialpolitischen Themen und bietet dem Publikum ein komplexes und zum Nachdenken anregendes Erlebnis.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen die inneren Kämpfe der Charaktere, die sowohl die Held:innen des Stücks als auch europäische Bewohner:innen und Migrant:innen sind. Durch bewegende Dialoge und eindringliche Monologe werden ihre Ängste, Hoffnungen und die erschütternde Realität der Migration sichtbar.
Insgesamt ist Say Hi to ABDO eine fesselnde Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten von Menschen im Kontext der Migration. Das Stück fördert ein tieferes Verständnis dafür, wie Identität und Zugehörigkeit entstehen und zeigt die unauslöschlichen Folgen der Gewalt, die viele Menschen erleiden müssen.
Mehis Pihla "Business as usual"
Das Stück Business as Usual erzählt die fesselnde Geschichte zweier junger Männer, die in ärmlichen Verhältnissen in Tartu aufgewachsen sind und von Reichtum träumen. Durch einen glücklichen Zufall erhält Artur eine Stelle in der internationalen Abteilung einer Bank in Tallinn, die sich überwiegend mit russischen Kunden – Oligarchen – beschäftigt und in Geldwäsche verwickelt ist. Bald passt sich Arturs Lebensstil den Anforderungen seines neuen Jobs an. Doch der drängende Arbeitsrhythmus lässt ihm keinen Raum mehr für seine Familie, seine Ausbildung oder andere wichtige Aspekte seines Lebens. Mit steigendem Risiko wandelt sich die Bank von der Geldwäsche für Oligarchen hin zur Verwaltung von Mitteln staatlicher russischer Stellen nach der Krise. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wird die Bank geschlossen, während die großen europäischen Akteure im System unbestraft bleiben.
Einerseits beleuchtet das Stück die Prozesse innerhalb der europäischen Eliten, die über viele Jahre hinweg Putins Russland dabei unterstützt haben, sein aggressives Potenzial auszubauen. Andererseits untersucht es das komplexe Verhältnis zwischen Mensch und Geld aus psychologischen und sozialen Perspektiven.
Marta Sokołowska “Please, Let There Be Peace"
Das Stück Please, Let There Be Peace (Polnisch: Proszę, niech zapanuje pokój; Deutsch: Bitte, möge Frieden herrschen) erzählt die Geschichte eines polnischen Physikers jüdischer Abstammung, der das Manhattan-Projekt, seine jüdische Familie in Polen und den Krieg hinter sich gelassen hat. Der fragmentierte, collageartige Text verbindet Poesie und Humor auf meisterhafte Weise. Eine leicht exzentrische jüdische Familie bringt einen komödiantischen Touch in die spannungsgeladene, fast detektivartige Handlung, die das Geheimnis des Protagonisten umgibt.
Darüber hinaus thematisiert das Stück bedeutende Fragen wie Xenophobie, die menschliche Verantwortung für Frieden und Krieg sowie die Herausforderungen, familiäre Wurzeln und Traditionen zu bewältigen. Es beleuchtet den inneren Kampf, diesen Überlegungen zu begegnen. Insgesamt stellt dieser Text ein einzigartiges Beispiel für eine existenzielle Tragikomödie dar.
Vyacheslav Volkonsky "Dogs and People"
Das Stück Dogs and People ((Russisch: Собаки и люди; Deutsch: Hunde und Menschen) enthüllt das wahre, kannibalistische Gesicht des Krieges. Die Handlung spielt in einem Tierheim, in dem die Bewohner:innen unterschiedliche Hintergründe und Persönlichkeiten haben, aber dasselbe düstere Schicksal teilen.
Das Stück ist reich an Charakteren und verdeutlicht in seiner Verbalität die statische Existenz, der diese Charaktere ausgeliefert sind. Es erzeugt ein tiefes und furchterregendes Bild der inneren Hoffnungslosigkeit. Die Dialoge zwischen den Hunden und den Menschen sowie ihre Monologe bilden ein facettenreiches Mosaik individueller Geschichten, die allmählich zu einem größeren Bild des Krieges zusammenfinden.
Gegen Ende vereint sich die Handlung: Die Besitzerin des Tierheims erhält ein verlockendes Angebot, die Hunde für seltene Gerichte in einem Restaurant zu verkaufen – ein Angebot, das besonders verführerisch ist, da sie das Geld den ukrainischen Streitkräften spenden könnte. Der Autor steigert die Spannung und führt dieses düstere Szenario zu einem symphonischen Finale.
Vyacheslav Volkonsky "Neither Fish nor Fowl"
Das Drama Neither Fish nor Fowl (Russisch: Ни два, ни полтора; Deutsch: Weder - Noch) ist eine groteske Tragödie, dicht und gnadenlos, die die Katastrophe im Theater von Mariupol und den gesamten Krieg in der Ukraine thematisiert. Es entfaltet ein choralartiges Geflecht aus dokumentarischen und brutal realistischen Stimmen, das ein eindringliches Porträt der Hölle zeichnet. Die Charaktere, die zufällig im Theater versammelt sind, offenbaren ihre tiefsten Gedanken durch eindrucksvolle Monologe und Dialoge. Das Theater selbst wird zur lebendigen Kulisse und setzt gelegentlich Requisiten ein, die zum Einsatz kommen. Dabei verschwimmt manchmal erschreckend die Grenze zwischen Realität und Inszenierung: Die Menschen stehen sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen dem Tod gegenüber.
Dieses gleichzeitig komponierte und dokumentarische Stück kann als dokumentarische Metaphysik bezeichnet werden, in dem sich reale Geschichten vereinen und eine großangelegte Erzählung des Leidens nach dem Prinzip einer Ikonostase entfalten.
Yanis Yoki “Adventure of a Lost Soldier"
Das hoffnungslose Stück Adventure of a Lost Soldier entfaltet sich vor dem Hintergrund des Weltuntergangs und thematisiert die Vernichtung Gottes, nukleares Erpressen sowie vertraute Realitäten, alles eingebettet in eine märchenhafte Kulisse. Einer der Soldaten begibt sich auf eine vagere Mission, während derer er auf eindringliche Figuren trifft, wie das Vaterland, den Hasen, eine Lebkuchenfamilie und sogar Gott selbst.
Dieses Werk gleicht einem Roadmovie, in dem die Atmosphäre, die Sprache, die Intonation und das gesamte apokalyptische Gefühl auf außergewöhnliche Weise miteinander verwoben sind. Das Stück präsentiert sich als eine Komödie der Absurdität, gespickt mit amüsanten und fantastischen Episoden, die auf die beängstigende Realität unserer heutigen Welt anspielen.
Zukhra Yanikova "Tote Herzen"
Das Stück Tote Herzen (Russ.: Нежить (всегда читать как оглаголенную нежность)) ist ein metaphorisches Drama, das die erschreckenden Aspekte des Krieges und die Folgen der Zerstörung zum Ausdruck bringt. Die Handlung spielt in einer Welt, in der lebende Wesen zu einem Zustand des Verfalls und der ewigen Stagnation verurteilt sind. Im Mittelpunkt der Handlung steht eine tote Mutter, die sich darauf vorbereitet, eine lebende Tochter in einer Stadt der Toten zur Welt zu bringen.
Diese Welt ähnelt einem stagnierenden Raum, in dem die zwischen Realität und Nichtexistenz gefangenen Charaktere einen Prozess der Entmenschlichung erleben. Der Monolog der Tochter aus dem Mutterleib, der Monolog der auf ihr Baby wartenden Mutter und der Monolog des Erzählers sind als Interaktionen in die Handlung des Stücks integriert. Das Thema der Friedenspropagierung wird im Stück durch Allegorien solcher Phänomene wie Zerstörung und Tod vermittelt, die die alltägliche Realität der Charaktere darstellen.
Die erfolgreichsten Inszenierungsentwürfe
Für die Teilnahme an der Werkstatt werden insgesamt sieben Theaterstücke der zeitgenössischen Dramatiker:innen ausgewählt, die seit Februar 2022 verfasst worden sind. Diese dramatischen Werke werden durch sieben Regisseur:innen in Form von Theaterstückentwürfen inszeniert und im Rahmen der Durchführungsphase der Werkstatt am 22. und 23. Februar 2025 der Öffentlichkeit in Berlin vorgestellt.
Von Anfang an bis zur Abschlussdiskussion werden die Werkstattaktivitäten von Kurator:innen moderiert und durch Workshops und öffentliche Vorlesungen der Jury begleitet, die aus erfolgreichen Theaterschaffenden Europas besteht. Die Zusammensetzung der Jury wird Anfang Oktober 2024 bekannt gegeben.
точка сборки
werden nach ihrer Ausarbeitung in das Repertoire des Berliner Urban Theaters und anderer interessierter Theater aufgenommen.
!!!
{ Ziel }
der Austausch von Theatererfahrungen
Durch die Zusammenführung von Dramaturgie und Theater schafft dieses Projekt eine einzigartige kulturelle Plattform zur Erforschung der schmerzhaften Fragen unserer Zeit.
Als eins der Hauptziele des Projekts ist sein Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Ost- und Westeuropa sowie die Erhöhung öffentlicher Aufmerksamkeit für die Arbeit von osteuropäischen Theaterschaffenden, von denen viele im Exil leben.
Dabei wird der Austausch von Theatererfahrungen zwischen Künstler:innen aus verschiedenen Ländern, insbesondere zwischen jenen, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind, und von ihren Ansichten zur aktuellen Situation in Europa und der Welt angestrebt.
Als einer der ersten Versuche eines Dialogs im kulturellen Bereich seit Februar 2022 stellt das Projekt nicht nur ein kreatives, sondern auch ein sozial-politisches Phänomen von internationaler Bedeutung dar.
Die Werkstatt eröffnet einen Raum für eine tiefgehende kulturelle und künstlerische Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen Europas und für die Vermittlung dessen demokratischer Werten.
Daniel Jacewicz ist Theaterregisseur, Schauspieler und künstlerischer Leiter des 1996 gegründeten Brama Theaters in Goleniów. Er initiierte und rief ins Leben das Festival namens Goleniowskie Spotkania Teatralne BRAMAT und das Festiwal Młodości Teatralnej ŁAKNIENIA, Gewinner internationaler Theaterfestivals. Er brachte folgende Theaterproduktionen Zabava (2000), Gaz (2003), My (2007), Uczucia w dziwięku (2009) und viele andere auf die Bühne. Das Brama Theater unter Daniels Leitung beteiligt sich neben seinen Produktionen und Aktivitäten in Polen auch an internationalen Projekten, zum Beispiel mit dem Stella Polaris Theater aus Norwegen, sowie mit Zentren in Deutschland, Griechenland, Spanien, der Ukraine, Peru, den USA und seit Kurzem auch mit Odin Teatret aus Dänemark.
Die kulturelle und pädagogische Ausrichtung von Brama Theater hat als Hauptziel zu zeigen, dass Theater ein Mittel der sozialen Interaktion darstellt und für den internationalen kulturellen Dialog unentbehrlich ist.
Polen
Johannes Kirsten
Johannes Kirsten studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Berlin und New York. Nach Arbeiten an zahlreichen Theatern in Deutschland, darunter dem Nationaltheater Mannheim, dem Centraltheater Leipzig und dem Schauspiel Hannover, sowie nach freiberuflicher Mitarbeit für die Ruhrtriennale und das Nationaltheater Koreas in Seoul ist er seit 2020 als Leitender Dramaturg am Maxim Gorki Theater. Johannes hat mit mehreren prominenten Theaterregisseur:innen und Künstler:innen zusammengearbeitet, darunter Oliver Frljić, Nurkan Erpulat, Lola Arias, Sascha Hawemann, Rainald Grebe, Dušan David Pařízek und Maxim Didenko. Außerdem arbeitete er als Kurator für das Europäische Zentrum der Künste Hellerau (Dresden) mit einem Schwerpunkt auf Belarus, Russland und die Ukraine.
Zeitgenössische Stücke, neue Interpretationen klassischer Werke und ein interdisziplinärer Ansatz prägen das Programm des Maxim Gorki Theaters.
Das Gorki meint die ganze Stadt, mit allen, die in den letzten Jahrzehnten dazu gekommen sind, ob durch Flucht, Exil, Einwanderung oder einfach durch das Aufwachsen in Berlin.
Deutschland
Birgit Lengers
Birgit Lengers wirkte an zahlreichen Projekten von renommierten Regisseur: innen mit, die das Theater in Berlin, Deutschland und international geprägt haben. So arbeitete sie zum Beispiel mit dem Regisseur Thorsten Lensing in der freien Theaterszene zusammen. Sie unterrichtete an der Universität Hildesheim, leitete den Bereich "Deutsches Theater International" am Deutschen Theater Berlin und verantwortete 12 Jahre lang den Bereich "Junges Deutsches Theater". In der Spielzeit 2023−2024 war sie Festivalleiterin und Co-Kuratorin des Festivals "Fokus Ukraine — Europäisches Theaterfestival 777 TAGE 777 ДНIВ 777 DAYS" am Düsseldorfer Schauspielhaus, wo sie zurzeit die partizipative Sparte "Stadt:Kollektiv" leitet. Birgit gründete das RADAR OST Festival (2018 — 2023) am Deutschen Theater Berlin, das darauf abzielt, die Beziehungen zwischen europäischen, russischen, ukrainischen und belarussischen Künstler:innen zu stärken.
Birgit denkt und arbeitet grenzüberschreitend – ob topografisch, transkulturell oder interdisziplinär.
Deutschland
Luk Perceval
Luk Perceval ist ein flämischer Theaterregisseur, der seine Karriere als Schauspieler am Nationaltheater in Antwerpen begann. 1984 gründete er die Blauwe Maandag Compagnie, in der er mit verschiedenen Formen und Probenmethoden experimentierte. Luk Percevals Produktionen sind für ihren innovativen Ansatz bekannt und haben ihm zahlreiche internationale Auszeichnungen eingebracht. Er hat mit einigen der renommiertesten europäischen Kulturinstitutionen zusammengearbeitet, darunter die Münchner Kammerspiele, die Schaubühne am Leninplatz in Berlin, die Staatsoper Berlin, das Wiener Festival und die Salzburger Festspiele. Bis 2016 hatte er zudem die Funktion des leitenden Regisseurs von Thalia Theater in Hamburg inne. Seitdem arbeitet er international als freischaffender Regisseur in ganz Europa.
Neben seiner Theaterarbeit ist Luk Perceval Yoga- und Meditationslehrer, und sein Werk verbindet sein Interesse an den rituellen und spirituellen Dimensionen des Theaters mit seiner Neugier auf neue Formen. Seine Aufgeschlossenheit für neue Techniken und Methoden in der Regie und Szenografie sowie sein einzigartiger und unverwechselbarer Ansatz in jedem Aspekt des Produktionsprozesses, von der Probe bis zur Bühnenvorbereitung, machen Luk Percevals Arbeit herausragend.